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4.2.1.3. Dimensionen eines Benutzermodells

Im folgenden sollen Benutzermodelle entsprechend folgender drei Dimensionen diskutiert werden.

  1. kanonisch - individuell,
  2. explizit - implizit,
  3. dynamisch - statisch

Abb. 15: Dimensionen eines Benutzermodells

ad 1) Kanonische Benutzermodelle gehören zu den weitver­breitetsten Modellen.283 Bei dieser Form eines Benutzermodells wird eine gewisse Anzahl von Stereotypen für typische Benutzer erstellt. Die Benutzer des Systems werden dann entsprechend ihrer Charakteristika jeweils dem am besten passenden Stereotyp zugeordnet.

Oft unterscheiden sich aber die einzelnen Benutzer des Systems so stark, daß sie nicht in Gruppen mit ähnlichen Anforderungen zusammengefaßt werden können. In diesem Fall ist es notwendig, für jeden einzelnen Benutzer ein Benutzermodell zu erstellen. Diese individuellen Benutzermodelle ermöglichen es dem System, sich sehr differenziert an die Bedürfnisse der Benutzer an­zupassen.284    Aus    diesem    Grund    sind    individuelle    Benutzermodelle im CAI-Bereich von hoher Bedeutung.


ad 2) Ein explizites Benutzermodell erstellt bei der ersten Konsultation für den Benuzter aufgrund eigener Angaben ein Benutzermodell285 oder ordnet ihn einer Benutzerklasse zu. Zu diesem Zweck muß der Benutzer häufig eine Reihe von Fragen beantworten, bevor er mit dem Programm arbeiten kann.286 Bei detaillierten Benutzermodellen, die auch ein Abbild des Wissens von dem Benutzers enthalten sollen, kann die Anzahl der Fragen sehr groß sein, was vom Benutzer häufig als lästig empfunden wird und die Akzeptanz des Systems verringert.287 Grund­sätzlich kann zwischen zwei Arten von Fragen unterschieden werden. Im ersten Fall wird der Benutzer aufgefordert, sich selbst unter verschiedenen Gesichtspunkten einzuschätzen. Bei dieser Technik besteht aber die Gefahr, daß der Benutzer sich falsch einschätzt und dadurch von falschen Annahmen aus­gegangen wird.288 Im anderen Fall beantwortet der Benutzer Fragen über das Wissensgebiet. Die Einschätzung erfolgt dann entsprechend der Korrektheit der Antworten.289

Bei einem impliziten Benutzermodell erfolgt der Aufbau des Benutzermodells oder die Einordnung in eine Benutzerklasse automatisch. Das System versucht anhand des Benutzerver­haltens ein Benutzermodell aufzubauen.290 Gemessen werden kann z.B., welche Befehle und Funktionstasten der Benutzer kennt, seine Fehlerhäufigkeit, die Häufigkeit von Erklärungen usw..291 Das Grundproblem bei impliziten Benutzermodellen besteht darin, aus diesen meßbaren Verhaltensweisen Schlüsse auf  qualifizierende Merkmale zu ziehen.292 Diese so gewonnenen Daten sind selbstverständlich nur unsichere Daten, so daß das Benutzermodell auch die Fähigkeit haben muß, mit wiedersprüch-iichen und unsicheren Informationen umgehen zu können.293 Der größte Nachteil von impliziten Modellen ist, daß das System die Daten erst während der Konsultation gewinnen kann. Unter Umständen ist eine lange Beobachtungszeit notwendig, um die benötigten Informationen über den Benutzer zu sammeln.294

ad 3) Bei statischen Benutzermodellen werden nach der Ent­wicklung oder Zuordnung zu einem Benutzermodell keine Ver­änderungen mehr berücksichtigt. Man geht von der Annahme aus, daß die Fähigkeiten des Benutzers, zumindest über einen längeren Zeitraum, konstant bleiben.295

Dynamische Benutzermodelle dagegen haben die Fähigkeit, sich an ein verändertes Benutzerverhalten anzupassen.296 Diese Fähigkeit wird vor allem im CAI-Bereich benötigt, damit das wissensbasierte System sich an die Fortschritte des Studenten anpassen kann.297 Auch bei Benutzern, die selten, aber dann sehr intensiv mit dem System arbeiten, ist diese Fähigkeit wünschenswert. Diese Benutzer tendieren dazu, sehr schnell vom. Anfängerniveau zum Expertenniveau aufzusteigen und später nach einer längeren Pause wieder auf das Anfängerniveau zurückzufallen.298 Die Anpassungsfähigkeit von dynamischen Modellen kann sich aber auch nachteilig auswirken. Genau wie das System ein Modell des Benutzers hat, besitzt der Benutzer ein   Modell   von   dem   System.299   Dieses   Modell   hilft   ihm,   das Verhalten des Systems zu verstehen.300 Wenn das System aber sein Verhalten ändert, um sich an den Benutzer anzupassen, kann dies auf den Benutzer verwirrend wirken, da das System dann nicht mehr das erwartete Verhalten, zeigt.301


279      Vgl. BERRY, D.C.; BROADBENT, D.E.: Expert Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.

280      Vgl. ELLIS, C: Explanation in Intelligent Systems, a.a.O., S. 117.

281       Vgl. BERRY, D.C.; BROADBENT, D.E.: Expert Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.

282      Vgl. WEINER, J.L.: The Effect of User Models on the Production of Explanations, in: ELLIS, C. (ED.): Expert Knowledge and Explanation: The Knowledge-Language Interface, Ellis Horwood Books in Information Technology, Chichester 1989, S. 144 (144-156).

283    vgl. RICH, E.: Users are Individuals: Individualizing User Models, in: INTERNATIONAL JOURNAL OF MAN-MACHINE STUDIES, Vol. 18, 1983, 3.  199 (199-214).

284      Vgl. RICH, E.: Users are Individuals, a.a.O., S. 201.

285      Vgl. BERRY, D.C.; BROADBENT, D.E.: Expert Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.

286      Vgl. BERRY, D.C.; BROADBENT, D.E.: Expert Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.

287      Vgl. RICH, E.: Users are Individuals, a.a.O., 3. 203.

288      Vgl. BODENDORF, F.: Computer in der fachlichen und universitären Ausbildung, Reihe: Handbuch der Informatik, Band 15.1, München/Wien 1990, S. 131.

289      Vgl. MORRIS, A.: Expert Systems - Interface Insight, a.a.O., S. 314.

290      Vgl. BERRY, D.C.; BROADBENT, D.E.: Expert Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.

291      Vgl. RICH, E.: Users are Individuals, a.a.O., S. 205.

292      Vgl.   BODENDORF, F.: Computer in der fachlichen und universitären Ausbildung, a.a.O., S. 131.

293      Vgl. RICH, E.: Users are Individuals, a.a.O., S. 203.

294      Vgl. BODENDORF, F.: Computer in der fachlichen und universitären Ausbildung, a.a.O., S. 131f.

295      Vgl. CLEAL, D.M.; HEATON, N.O.: Knowledge-Based Systems: Implications for Human-Computer Interfaces, Ellis Horwood Series in Information Technology, New York/Chichester/ Brisbane/Toronto, 1988, 3. 56.

296      Vgl. ELLIS, C: Explanation in Intelligent Systems, a.a.O., S. 118.
Vgl. auch BERRY,   D.C.;   BROADBENT,   D.E.:   Expert  Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.

297      Vgl. BERRY, D.C.; BROADBENT, D.E.: Expert Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.

298      Vgl. WEXELBLAT, R.L.: On Interface Requirements for Expert Systems, in: AI MAGAZINE, Vol. 10, No. 3, 1989, S. 66 (66-78).

299      Vgl. BERRY, D.C.; BROADBENT, D.E.: Expert Systems and the Man-Machine Interface, a.a.O, S. 23.
Vgl.   auch   BENYON,   D.:   User  Models.   What's  the  Purpose?, a.a.O., S. 7.