1. Einleitung
2. Darstellung der Grundlagen
2.1. Definitionen und Abgrenzungen
2.1.1. Definition und Einordnung von
          wissensbasierten Systemen
2.1.2. Zum Begriff 'Erklärung'
2.1.3. Wissen in wissensbasierten
          Systemen
2.2. Die Erklärungskomponente innerhalb
       eines wissensbasierten Systems
3. Die Erklärungsfähigkeit wissensbasierter
    Systeme
3.1. Die Bedeutung der Erklärungsfähigkeit
3.2. Anforderungen an die Erklärungs-
       fähigkeit von Wissensbasierten
       Systemen 
3.2.1. Die Anforderungen an die
          Erklärungsfähigkeit aus Sicht des
          Knowledge Engineer
3.2.2. Die Anforderungen an die
          Erklärungsfähigkeit aus Sicht der
          Anwender
3.2.2.1. Experten
3.2.2.2. Unwissende Anwender und
             Anwender mit Grund­kenntnissen
3.2.2.3. Studenten
3.3. Augenblicklicher Stand der Erklärungs-
       fähigkeit in eingesetzten
       wissensbasierten Systemen
3.3.1. Trace
3.3.2. Rule Expansion
3.3.3. Canned Text
3.4. Grenzen der augenblicklichen
       Erklärungsfähigkeit in eingesetzten
       wissensbasierten Systemen
4. Die Anforderungen an das
    abzubildende Wissen für eine bessere
    Erklärungsfähigkeit
4.1. Zur Beantwortung von Fragen
       benötigtes Wissen
4.1.1 Ursachen für Fragen
4.1.2. Frage- und Antworttypen
4.1.3. Für die Beantwortung von Fragen
          benötigten Wissensarten
4.1.3.1. Verbesserung der Erklärungs-
             fähigkeit durch Metawissen
4.1.3.2. Die Bedeutung von tiefem Wissen
             für Erklärungen
4.1.4. Die Bedeutung einer getrennten
          Darstellung der verschiedenen
          Wissensarten
4.2. Zur Auswahl der relevanten
       Informationen benötigtes Wissen
4.2.1. Wissen über den Benutzer
4.2.1.1. Modell als Hilfsmittel zur
             Abbildung der
             Benutzereigenschaften
4.2.1.2. Wissen über den Benutzer
4.2.1.3. Dimensionen eines
             Benutzermodells
4.2.1.4. Die Speicherung des Wissens
4.2.1.5. Die Bedeutung von Benutzer-
             modellen im praktischen Einsatz
4.2.2. Wissen über die Komplexität und
          Relevanz von Regeln
4.3. Zur Generierung von Erklärungen
       benötigtes Wissen
4.3.1. Wissen über Erklärungstechniken
          und -strategien
4.3.2. Wissen über die Sprache
4.3.3. Wissen für grafische Erklärungen
5. Die Realisierung der Erklärungs-
    komponente an dem Beispiel XPLAIN
5.1. Die Idee von XPLAIN
5.2. Der Aufbau von XPLAIN
5.3. Die Arbeitsweise des automatischen
       Programmierers
5.4. Die Erstellung von Erklärungen mit
       XPLAIN
5.5. Weiterentwicklungen des XPLAIN-
       Ansatzes
6. Schlußbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
8. Anlage
9. Abkürzungsverzeichnis
10. Abbildungsverzeichnis

4.1.1. Ursachen für Fragen

Bei der Behandlung des Themas kommt unwillkürlich folgende Frage auf: 'Aus welchem Grund sucht jemand eine Erklärung?'

Nach Ausschluß von einigen speziellen Situationen, wie z.B. Prüfungen, wissenschaftliche Beweise und Gerichtsverhandlungen, scheinen Erklärungen dann gewünscht zu werden, wenn ein Erwartungsfehler eintritt. Ein Erwartungsfehler entsteht, wenn neue Informationen Anlaß für Überraschungen geben oder einen Wider­spruch zu existierenden Informationen darstellen.181

ORTONY und PARTRIDGE182 unterscheiden drei Ursachen für Über­raschungen:

1. ein Konflikt mit einer aktiven Voraussage,
2. ein Konflikt mit einer passiven Annahme und
3. ein Konflikt mit einer retroperspektiven Erwartung.

In den beiden ersten Fällen kommt es zu einer Überraschung, da ursprünglich etwas anderes erwartet wurde, als später eingetroffen ist. Im letzten Fall wurden keine vorherigen Annahmen erstellt, aber bei der Betrachtung des Ergebnisses wurde keine plausible Hypothese gefunden, um das Ergebnis zu erklären. Die Überraschung resultiert hier aus dem Konflikt zwischen dem Ereignis und dem, was als normal oder gewöhnlich betrachtet wird.183

Nach GILBERT werden die meisten Erklärungen durch einen Konflikt mit einer retroperspektiven Erwartung ausgelöst, da die Benutzer seiner Meinung nach keine Erwartungen vom Ergebnis haben.184 KIDD dagegen stellte in einer Untersuchung fest, daß auch Benutzer, die relativ unerfahren in einem Bereich sind, eigene Ideen, Präferenzen und Erwartungen über das angemessene Mittel zur Problemlösung haben.185

Bei der vorangegangenen Suche nach Gründen für Fragen wurde vorausgesetzt, daß der Benutzer   aufgrund   eines   Erwartungsfehlers das Bedürfnis nach einer Erklärung verspürt. Es sind aber noch weitere Gründe für Fragen vorstellbar. Völlig unwissende Benutzer besitzen nicht genügend Wissen, um eine Erwartung im vor- oder nachhinein aufzubauen. Auch ohne einen Erwartungsfehler kann bei ihnen das Interesse an Erklärungen geweckt werden, indem sie den Wunsch verspüren, von dem System zu lernen. Die Motivation zum Lernen kann z.B. dadurch entstehen, daß sie sich die Fähigkeit aneignen wollen, zukünftig das Problem alleine zu lösen.

Ein weiterer Grund für den Wunsch nach Erklärungen, der nicht auf einem Erwartungsfehler beruht, könnte die routinemäßige Kontrolle der Schlußfolgerungskette sein. Aufgrund der Unmöglichkeit einer formalen Verifikation186 ist eine derartige Kon­trolle zumindest bei folgenschweren Entscheidungen und bei unzuverlässigen Systemen ratsam. Diese Kontrolle der Schlußfolgerung erfolgt mit Hilfe der Erklärungskomponente, muß aber nicht auf einem Erwartungsfehler basieren, da diese Kontrolle auch bei Erfüllung der Erwartungen erfolgt.

Während ORTONY und PARTRIDGEaus psychologischer Sicht ver­schiedene Ursachen für Fragen darstellen unterscheiden HASLING, CLANCY und RENNELS ohne tiefe psychologische Betrachtungen folgende drei Fragenintentionen:187

1. Suche nach Fehlern,
2. Suche nach Rechtfertigungen und
3. Wunsch, von dem System zu lernen.

Ihre Unterscheidung wird in der Literatur von vielen Autoren verwendet.

180    vgl. CROOK, N.: Impementing Question Types, Group Report, in: ALVEY KNOWLEDGE BASED SYSTEMS CLUB, EXPLANATION SPECIAL INTEREST GROUP (HRSG.): Proceedings of the Second Workshop, University of Surrey, January 8-9th, 1987, Herts 1987, S. 141 (141-147).

181       Vgl. GILBERT, N.: Explanation as Process, a.a.O., S. 73.

182       Vgl. ORTONY, A.; PARTRIDGE, D.: Surprisiness and Expectation Failure: What's the difference?, in: McDERMOTT, J. (ED.): Proceedings of the Tenth International Joint Conference on Artificial Intelligence (IJCAI-87), Aug. 23.-28., 1987, Milan, Vol. 1, Los Altos, California 1987, S. 106 (106-108).

183       Vgl. O'MALLEY, C: Explanation and Expectation: Why ask why?, in: ALVEY KNOWLEDGE BASED SYSTEMS CLUB, EXPLANATION SPECIAL INTEREST GROUP (HRSG.): The Third Alvey Explanation Workshop, Proceedings, University of Surrey, Guildford, 29th Sept. - Oct. 1st, 1987, Herts 1987, S. 159 (157-167).

184       Vgl. GILBERT, N.: Explanation as process, a.a.O., S. 73.

185       Vgl. KIDD, A.L.: What do User Ask? - Some Thoughts on Diagnostic Advice, in: MERRY, M. (ED.): Expert Systems'85, Proceedings of the Fith Technical Conference of the British Computer Society Specialist Group on Expert Systems, Warwick, 17.-19. Dec. 1985, The British Computer Society Workshop Series, Camebridge/London/New York/New Rochelle/ Melbourne/Sydney 1985, S. 11 (9-19).

186     vgl. HUBER, K.-P.: Erklärungskomponente für das Expertensystem XUMA unter Berücksichtigung verschiedener Benutzerklassen, a.a.O., S. 14.

187       Vgl. LADWIG, B.; MELLIS, W.: Negative Erklärungen in einem EMYCIN-artigen Expertensystem-Shell, a.a.O., S. 152