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4.1.2. Frage- und Antworttypen

Bei dem Versuch, die Fragemöglichkeiten der Benutzer zu erweitern, stellt sich naturgemäß als erstes die Frage, welche Fragetypen   existieren.

SHUMAN188 führte 1903 die fünf W-Fragen ein: Wer, was, wo, wann, warum.189 Diese fünf W-Fragen beziehen sich aber nur auf flaches Wissen. Tiefes Wissen ist für ihre Beantwortung nicht nötig.

"Sprachlich unterscheidet man: Bestimmungsfragen (Wohin fährt der Zug?), Entscheidungsfragen (Fährt der Zug nach Berlin oder Hamburg?), Bestätigungsfragen (He is a good fellow, isn't he?) und mehrzielige Fragesätze (Wer hat hier wen belogen?)."190

KIDD191 stellte bei einer Untersuchung fest, daß gegenüber menschlichen Experten häufig folgende Fragen gestellt werden:

  1. Kontrolliere eine Lösung: Ist x die richtige Lösung?
  2. Bewerte unterschiedliche Lösungen: Welches ist die beste Lösung: X, Y, Z?
  3. Fragen nach speziellen Informationen: Wie kann ich X testen?
  4. Erklärungen im nachhinein: Warum wirkte das Mittel?

LEHNERT192 unterschied 1978 13 Kategorien von Fragen bei der Entwicklung des Frage-Antwortsystems QUALM.193 Dieses System wurde von HUGHES überarbeitet, so daß es auch für eine

Diskussion von Problemlösungsverhalten und für industrielle und technische Prozesse geeignet ist.194 Sie führte zusätzlich eine Hierarchie ein, um die Beziehungen zwischen den Fragen zu verdeutlichen.195 Darüber hinaus entfernte sie die Fragekategorie 'request', da sie für diesen Bereich ohne Bedeutung ist und fügte die Fragekategorie 'definition' ein. Diese Frage nach Definitionen wird häufig in der Form 'was ist ein ...' gestellt.196

Abb. 9: LEHNERTs Klassifikation der Fragen in der Über­arbeitung von HUGHES197

Es gibt noch eine Reihe weiterer Klassifikationen, die versuchen, die Fragen zu gliedern, die ein Benutzer einem wissensbasierten System stellen kann.198 All diese Klassifikations­versuche haben dieselbe Schwäche. Die Grenzen zwischen den Kategorien verschwimmen, wenn echte Fragen zu klassifizieren sind.199 Ein Grund dafür ist, daß bei Verwendung von oberflächlich identischen Frageformen sehr verschiedene Fragen gestellt werden können.200 Auch kann dieselbe Frage in syntaktisch unterschiedlicher Form formuliert werden.201 Ein weiteres Problem besteht darin, daß die Benutzer Fragen häufig sehr ungenau stellen. Aus ihren Fragen geht oft nicht eindeutig hervor, welche Informationen sie wünschen.202

Um dieser Problematik zu entgehen, ging GILBERT das Problem von der anderen Seite an und entwickelte eine Klassifikation der gewünschten Antworten. Sie basiert auf dem Wissen, welches der Benutzer erfragen möchte.203 Während die Klassifikation von Fragen wichtig ist für die Identifizierung von Benutzerfragen, ermöglicht die Klassifikation der Antworten, das für die Beant­wortung der Fragen benötigte Wissen zu identifizieren

Die Klassifikation der Antworttypen ist abgeleitet aus der Kate-gorisierung des Wissens, auf der jeder Antworttyp beruht.204

 

Taxonomic

Formal

Contingent

Control

Theorv

Existence

Warrant

Process

Strategy

Domain

 

Generalisation
Exemplification
Identification

Definition
Relevance

Method
Implication

Capability

Case

Instantiation

Classification
Prescription
Sensitivity

Procedure
Antecedence

Justification
Rationale

Abb. 10: Klassifikationder Antworttypen nach GILBERT205

GILBERT unterscheidet vier Arten und drei Ebenen von Wissen.

Die vier Arten von Wissen sind:

  1. Taxonomic-knowledge   ist   Wissen   über   die   Entities   und   ihre Beziehungen.
  2. Formal-knowledge ist analytisches Wissen über die Beziehungen zwischen den Entities Attributen.
  3. Contingent-knowledge ist synthetisches Wissen über kausale und temporale Beziehungen.
  4. Control-knowledge ist Wissen über das System selbst und seine Art der Schlußfolgerung.


Die drei Ebenen von Wissen sind:

  • Der Theory-level umfaßt Wisse über den domain-level. Diese Form des Wissens wird häufig auch Metawissen genannt.
  • Der Domain-level umfaßt Wissen, das spezifisch für den Problembereich ist und
  • der Case-level umfaßt spezifisches Wissen für den augenblicklich betrachten Fall.206

 


188       Nach AULT, P.H.; EMERY, E.: Reporting the News, New York 1959. Zitiert bei WICK, M.R.; SLAGLE, J.R.: An Explanation Facility for Today's Expert Systems, a.a.O., S. 30.

189       Die Wie-Frage wurde erst später ergänzt.

190       BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE: In zwanzig Bänden, Siebzehnte völlig neubearbeitete Auflage des großen Brockhaus, Band 6, Wiesbaden, 1968, S. 440.

191       Vgl. KIDD, A.L.: The Consultative Role of an Expert System, a.a.O., S. 250f.

192       Vgl. LEHNERT, W.G.: The Process of Question Answering: A Computer Simulation of Cognition, New York/Toronto/London/ Sydney 1978. Besonders S. 51-77.

193      Der von LEHNERT entwickelte Fragenanalysator zur Einordnung von Fragen in die Klassifikation ist als Anlage der Arbeit hinzugefügt. LEHNERT, W.G.: The Process of Question Answering, a.a.O., S. 77.

194    Vgl. HUGHES, S.: Question Classification in Rule-Based Systems, in: BRAMER, M.A. (ED.): Research and Develope-ment in Expert Systems III, Proceedings of Expert Systems'86, The Sixth Annual Technical Conference of the British Computer Society Specialist Group on Expert Systems, Brighton, 15.-18. Dec. 1986, The British Computer Society Workshop Series, Camebridge/London/New York/New Rochelle/Melbourne/Sydney 1987, S. 125 (123-131).

195       Vgl. HUGHES, S.: HOW and WHY: HOW far will they take us, and WHY should we need any more?, in: ALVEY IKBS EXPERT SYSTEMS THEME (HRSG.): Workshop on 'Explanation', Report and Proceedings, University of Surrey, 20.-21. March 1986, Herts 1986, S. 74 (69-82).

196      Vgl.    HUGHES, S. Question Classification in Rule-Based Systems, a.a.O., S. 125.

197      Vgl. HUGHES, S.: Question Classification in Rule-Based Systems, a.a.O., S. 126.

198      Einen weiteren detaillierten Klassifikationsversuch unternimmt RICHTER. RICHTER, M.M.: Prinzipien der Künstlichen Intelligenz: Wissensrepräsentation, Inferenz und Expertensysteme, Stuttgart 1989, S. 273ff.

199      Vgl. GILBERT, G.N.: Question and Answer Types, in: MORALEE, D.S. (ED.): Research and Developement in Expert Systems IV, Proceedings of Expert Systems'87, the Seventh Annual Technical Conference of the British Computer Society Specialist  Group   on   Expert  Systems,  Brighton,   14.-17.   Dec. 1987,     The British Computer Society Workshop Series, Camebridge/London/New York/New Rochelle/Melbourne/Sydney, 1988,  S. 164 (162-172).

200    David et al. unterscheiden beispielsweise folgende fünf mögliche Bedeutungen einer WARUM-Frage: 1) What is your immediate goal? 2) What is an abstraction of your immediate goal? 3) What is the justification of that? 4) Teleologically, how is it that that action contributes to the goal? 5) Why is that a good choice of methodes to accomplish that goal?
Vgl. LENAT, D.; DAVIS, R.; DOYLE, J.; GRENESERETH, M.; GOLDSTEIN, I,; SCHROBE, H.: Reasoning about Reasoning, in: HAYES-ROTH, F.; WATERMAN, D.A.; LENAT, D.B. (EDS): Building Expert Systems, Teknowledge Series in Knowledge Enaineering, Vol. 1, London/Amsterdam/Don Mills, Ontario/ Sydney/Tokyo, 1983, S. 237 (219-239).

201      Vgl. GILBERT, G.N.: Question and Answer Types, a.a.O., S. 164.

202      Vgl. KIDD, A.L.: The Consultative Role of an Expert System, a.a.O., S. 251.
Vgl. auch GILBERT, G.N.: Question and Answer Types, a.a.O., S. 164.

203      Vgl. GILBERT, G.N.: Question and Answer Types, a.a.O., 3. 163.

204      Vgl. GILBERT, G.N.: Question and Answer Types, a.a.O., S. 166.

205      Vgl. GILBERT, N.: Explanation as process, a.a.O., S. 70, leicht veränderte Version von GILBERT, G.N.: Question and Answer Types, a.a.O., S. 166.