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1. Stand der Erklärungsfähigkeit

Das augenblickliche Niveau der Erklärungen in wissensbasierten Systemen ist erstaunlich niedrig, wenn die ihnen zugemessene Bedeutung für die Benutzerakzeptanz betrachtet wird.[28][32] Die Erklärungsfähigkeit von momentan eingesetzten wissensbasierten Systemen beschränkt sich zumeist darauf, das Verhalten des Systems zu beschreiben. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ansätze für Erklärungen:[27]

  1. Direkte Erklärungen, die aus dem Programmcode abgeleitet werden, stellen eine Aufar­beitung der Problemlösungsschritte dar. Zu diesen Techniken gehören der 'Trace' und die 'Rule Expansion'-Technik.
  2. Indirekte Erklärungen, die eine Form von Programmkommentaren sind, werden vom Knowledge Engineer erstellt. Man bezeichnet sie als 'Canned Text'.

Ein Trace ist eine Aufzeichnung der einzelnen Schritte, die das System während der Lösungssuche vornimmt. Die Ausgabe des Trace ist die am meisten verbreitete Form der Erklä­rung in wissensbasierten Systemen. Sie bildet gleichzeitig die Basis für die meisten anderen Erklärungskonzepte. Für Benutzer, insbesondere für Nicht-Experten, ist diese Erklä­rungsfähigkeit aber selten ausreichend. Ein Grund hierfür ist, daß der Trace durch die mög­licherweise große Anzahl an aktivierten Regeln lang und unübersichtlich werden kann, so daß die Deduktion häufig für den Benutzer nicht nachvollziehbar ist. Ein zweiter Grund liegt darin, daß Erklärungen, die allein auf Elementen der Schlußfolgerungskette beruhen, oftmals nicht ausreichend sind. Die Schlußfolgerungskette ist für eine Erklärung notwendig, in vielen Fällen aber nicht hinreichend.

Einen im Vergleich zum Trace höher entwickelten Ansatz bildet die Rule Expansion-Technik. Sie basiert auf einem Trace des Konsultationsverlaufs. Beim Erstellen der Erklärung wird der Trace untersucht, die relevanten Regeln, Frames oder anderen Repräsentationen in eine für den Benutzer verständlichere, oftmals natürlichsprachliche Form übersetzt und mit zusätzlichen Informationen angereichert. Sie hat aber genau wie der Trace nur begrenzte Fähigkeiten, die vom System erzeugte Lösung zu erklären.

Bei der Canned Text-Technik wird versucht, alle möglichen Fragen der Benutzer im Voraus zu antizipieren und die entsprechenden Antworten als Text zu speichern. Wenn eine Frage gestellt wird, präsentiert die Erklärungskomponente die im Voraus vom Knowledge Engineer oder dem Experten erstellte Antwort. Die Erstellung von Canned Text-Erklärungen bringt die Problematik mit sich, daß alle potentiellen Fragen an das System vom Systementwickler vorhergesehen werden müssen und daß bei einer nderung in der Wissensbasis eventuell viele Erklärungs­texte zu ändern sind.

Allgemein läßt sich sagen, daß die Erklärungsfähigkeit der meisten derzeitigen Systeme in folgender Hinsicht unzureichend ist:[20]

  • beschränkt: Nur wenige Arten von Fragen können beantwortet werden.
  • inflexibel: Erklärungen können nur auf eine Art gegeben werden.
  • unsensibel: Die Erklärungen können den verschiedenen Benutzern oder Situationen nicht angepaßt werden.
  • teilnahmslos: Das System kann, wenn die Antwort nicht verstanden wurde, diese nicht umformulieren oder nachfolgende Fragen beantworten.
  • nicht erweiterbar: Neue Erklärungsstrategien können nicht leicht ergänzt werden.
  • nicht kausal: Erklärungen enthalten keine fachliche Rechtfertigung der Lösung, nur eine heuristische.

Verantwortlich für die dargestellten Defizite erscheinen hauptsächlich drei Gründe:

  1. Das nötige Fachwissen steht der Erklärungskomponente nicht zur Verfügung, da es nur implizit oder überhaupt nicht in der Wissensbasis enthalten ist.
  2. Es ist schwierig, die für die einzelnen Benutzer relevanten Informationen auszuwählen.
  3. Viele Erklärungskomponenten besitzen nicht die Fähigkeit, aus dem Wissen eine ange­messene und verständliche Erklärung zu erstellen.

Im Rahmen dieses Aufsatzes soll besonders auf die beiden letzten Probleme eingegangen werden.